Mut zu Transparenz: Öffentliche Sitzungen im Digitalausschuss

Sehr geehrter Herr Durz,
sehr geehrte Frau Lührmann,
sehr geehrte Frau Hoppermann,
sehr geehrter Herr Schätzl,
sehr geehrte Frau Dillschneider,
sehr geehrte Frau Vogtschmidt,


unseres Wissens wurde für diese Wahlperiode eine Verfahrensregelung für den Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung getroffen, die vorsieht, dass der Ausschuss grundsätzlich nicht öffentlich tagt, es sei denn, die Öffentlichkeit wird beschlossen.

Zudem entsteht der Eindruck, dass zumindest die Koalitionsfraktionen vorhaben, selten oder nie von der Möglichkeit der Öffnung Gebrauch zu machen.


Im Vergleich zur Handhabe während der letzten Legislaturperiode wäre dies ein Rückschritt für die Transparenz der Arbeit des Ausschusses. Diese Entwicklung sehen wir, Vertreterinnen und
Vertreter der Zivilgesellschaft, mit großer Sorge.


Transparenz ist ein wertvolles Gut und notwendig, um das Vertrauen in demokratische Prozesse zu stärken. Die Öffentlichkeit der Sitzungen des Digitalausschusses in der vergangenen
Wahlperiode hat es uns, Expertinnen und Experten aus Zivilgesellschaft, ermöglicht, Debatten mitzuverfolgen und unsere Expertise einzubringen. Dadurch, dass Informationen direkt zur
Verfügung standen, konnten wir die fachspezifischen Debatten des Ausschusses in die Öffentlichkeit tragen.


Wie der Koalitionsvertrag richtig erkennt, ist Digitalpolitik Macht- und Gesellschaftspolitik.


Die Gestaltung der Digitalisierung geht uns alle an und muss deshalb öffentlich diskutiert werden können. In der vergangenen Legislaturperiode konnten wir so eine Bandbreite an Themen vom
Data-Governance-Gesetz, über digitale Identitäten und die Umsetzung der europäischen Verordnung über Künstliche Intelligenz bis zum Digitale-Dienste-Gesetz begleiten und einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen.


Digitale Gesetzgebung berührt Grundrechte, Machtverhältnisse und gesellschaftliche Zukünfte. Intransparenz gefährdet das Demokratieprinzip, das Recht auf Information und widerspricht dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf öffentliche Kontrolle parlamentarischer Prozesse.


Gerade in einer Zeit, in der staatliches Handeln zunehmend digital vermittelt wird, braucht es mehr – nicht weniger – demokratische Öffentlichkeit. Alles andere wäre ein struktureller Rückschritt. Wir halten die neue Verfahrensregelung deshalb für falsch.


Eine erfolgreiche digitale Transformation, die Modernisierung unseres Staates und die Digitalisierung der Verwaltung brauchen die Mitwirkung von uns allen. Sie können nur im konstruktiven Zusammenspiel von Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft gelingen.


So wie von der Zivilgesellschaft Impulse für zukunftsfähiges Handeln und die Bereitstellung von Sachverstand erwartet werden, erwarten wir von Ihnen Transparenz und Möglichkeiten zur Partizipation und öffentlichen Diskussion.


Die Angst vor einer rechtsextremen Instrumentalisierung der Öffentlichkeit darf gerade bei der Frage der Digitalisierung und Staatsmodernisierung nicht handlungsleitend sein. Veränderung
erfordert Mut – auch den Mut zur Transparenz.


Wir fordern Sie daher auf, den Digitalausschuss grundsätzlich öffentlich tagen zu lassen.

Mit den besten Grüßen (in alphabetischer Reihenfolge)


AG KRITIS
AlgorithmWatch
Amnesty International
Chaos Computer Club
CorrelAid e. V.
D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt
Datenpunks Bremen
Datenpunks e.V.
Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD)
Digitalcourage e.V.
Digitale Gesellschaft e.V.
FrauenComputerZentrumBerlin (FCZB)
Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit e.V.
kleindatenverein
LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik
netzbegrünung e. V.
netzforma* e.V.
Structural Integrity
SUPERRR Lab
Topio e.V.
Wikimedia Deutschland e.V.

Der offene Brief als PDF